Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Die Landwirtschaft hat durch den Tiergesundheitsdienst auch immer mehr Kontrollen durch Tierärzte. Das Problem im ländlichen Raum ist aber, dass sich der Tierärztemangel durch das Altern der Tierärzte und das Ausscheiden aus der beruflichen Funktion verschärft.

Welche Maßnahmen treffen Sie für die Zukunft, dass die tierärztliche Versorgung auch im ländlichen Raum gesichert bleibt?

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 1959/M-BR/2024, hat folgenden Wortlaut:

„Welche kurz- wie auch langfristen Maßnahmen zur Sicherstellung einer ausreichenden tierärztlichen Versorgung auf dem Land treffen Sie?“

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Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Vielleicht darf ich auch da ein bisschen ausholen: Dass es zu einer Veränderung im Bereich der Veterinärmedizin kommen wird, wissen wir. Bereits im April 2019 wurde das in einer Studie des IHS zur tierärztlichen Versorgung in Österreich, die von meinem Ressort in Auftrag gegeben wurde, auch aufgezeigt. Das haben wir übrigens gemeinsam mit der Tierärztekammer und mit der Vetmeduni gemacht.

Es ist unbestritten, und da trifft sich dann wohl die Veterinärmedizin auch mit der Humanmedizin, dass im ländlichen Raum derartige Defizite bestehen. Die Herausforderungen liegen auch da darin, ein attraktives Umfeld zu schaffen – auch für Tierärztinnen und Tierärzte. Das betrifft sowohl ein entsprechendes Lohnniveau als auch die Arbeitsbedingungen. Da haben wir wirklich dasselbe Thema wie auch in der Humanmedizin.

Wir haben uns auch sehr früh dafür eingesetzt, Initiativen gesetzt, um die Versorgung der Nutztierbestände abzusichern. Bereits 2022 wurden mit dem Tierarzneimittelkontrollgesetz die Neugestaltung der Bestimmungen zu den Tiergesundheitsdiensten unter Einführung der verpflichteten Betriebsbesuche und Betreuungsverhältnisse umgesetzt.

In der jüngsten Vergangenheit, 2021, wurde der Rechtsrahmen, das Tierärztegesetz, dahin gehend geändert, dass die Zusammenarbeit und die Gründung von Gruppenpraxen oder Tierärzt:innengemeinschaften möglich geworden sind – Sie sehen: auch da eine Parallele zur Humanmedizin –, und damit ist es gelungen, der Forderung nach Angestelltendienstverhältnissen auch in der Tierärzt:innenschaft gerecht zu werden.

Ganz aktuell haben wir mit der Implementierung des europäischen Tiergesundheitsrechtes durch das im März hier im Bundesrat behandelte neue österreichische Tiergesundheitsgesetz auch einen Meilenstein gesetzt. Es wird jetzt die Zusammenarbeit zwischen Tierhaltern und Nutztierpraktikern weiter verstärkt, insbesondere mit Fokus auf Beratung und Betreuung.

Wir haben mit der Gründung des Vereins Tiergesundheit Österreich 2023 einen Schritt gemacht. Da gibt es auch Förderungen von Beratungsmodulen für die Tierärzteschaft. Wir haben wiederholt auch gemeinsam mit den Vertretern der Landwirtschaftskammern und der Tierärztekammern über die Etablierung von Notdienstsystemen in den Bundesländern diskutiert. Da wurden in den letzten Jahren – bundesländerspezifisch sehr unterschiedlich – Lösungen angeboten und eingerichtet.

Die Attraktivität des Arbeitsplatzes in der Nutztiermedizin muss allerdings auch von den Arbeitgeber:innen durch entsprechende Rahmenbedingungen einfach verbessert und abgesichert werden.

Letzter Hinweis zur Zuständigkeit: Die Sicherstellung der tierärztlichen Versorgung ist natürlich einmal mehr grundsätzlich Aufgabe der Bundesländer in Zusammenarbeit mit der österreichischen Tierärztekammer.

Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesrat, wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Welche Maßnahmen sollen kurz- und langfristig für die Attraktivierung des Berufes Tierarzt gesetzt werden?

Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich versuche, es kurz taxativ aufzuzählen: die Novelle des Tierärztegesetztes 2021 und da wie gesagt die Möglichkeit zur Schaffung von Gruppenpraxen; insbesondere wichtig: bessere Work-Life-Balance, das gilt auch für den Bereich der Tierärzt:innen, durch diese neue Form der Praxis. Wir sind wie gesagt im Austausch mit der Tierärztekammer und der Vetmeduni, um auch mit den Bundesländern weitere Maßnahmen zu erarbeiten.

Es wird, kurz gesagt, nicht anders gehen, als dass sich die Attraktivierung des Berufes auch monetär abbildet. Das heißt, eine bessere Bezahlung wird der Schlüssel sein, um à la longue auch die Versorgung sicherzustellen. Sonst wird dort nicht – wie soll ich sagen? – das Auslagern in die Wahlarztpraxis stattfinden, sondern dann wird halt die Kleintierpraxis das gängige Modell und das attraktivere Modell sein und nicht die Versorgung der landwirtschaftlichen Nutztiere.

Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster zu Wort gemeldet – Bitte.

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Herr Minister, Sie haben ein Tierschutzgesetz in die Begutachtung geschickt, und es sind weit über 800 Stellungnahmen zum Entwurf eingelangt.

Sind Sie bereit, diese Stellungnahmen einzuarbeiten und noch einmal eine Begutachtung zu starten?

Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Also nicht alle 800, um es gleich zu sagen, die werden wir nicht einarbeiten.

Wir haben jetzt natürlich gesichtet und sortiert. 60 davon sind jedenfalls in der Substanz so gewichtig, dass sie einer tieferen oder näheren Betrachtung unterzogen werden. Da wird jetzt der übliche Prozess stattfinden, sozusagen eine Prüfung, was davon noch eingearbeitet werden kann, soll. Eine weitere Begutachtung ist nicht vorgesehen.

Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Günter Pröller zu Wort gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Herr Minister, der österreichische Dachverband der über 100 österreichischen Hundeverbände kritisiert die Ankündigung, wonach Teile des Gebrauchshundesports verboten werden sollen.

Österreich zählt neben Deutschland zu einer der erfolgreichsten Hundesportnationen weltweit. Außerdem wird die Gebrauchshundeausbildung vor allem als Zuchtselektion für Diensthunde von Polizei, Militär und Rettungshundestaffel verwendet.

Warum wollen Sie den Gebrauchshundesport in Österreich verbieten, obwohl er in der Form EU- und auch weltweit anerkannt ist?

Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist meine Lieblingsfrage bisher. (Heiterkeit bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.) – Ernsthaft, denn mit dieser Materie habe ich mich aber wirklich bis ins Detail auseinandergesetzt und habe am Ende eine Lösung gefunden, mit der alle einverstanden sind; und zwar sind die Stakeholder eingebunden worden und wir haben explizit Regelungen herausgenommen, mit denen sozusagen ein Totalverbot verankert worden wäre.

Und man muss schon auch den Hintergrund kennen: Es geht einfach nicht an, dass wir in Österreich wiederholt Vorfälle haben, bei denen Hunde Menschen Schaden zufügen, bis hin zum Tod. Das geht nicht an, und dagegen anzugehen und sozusagen eine Grundausbildung, ein Grundverständnis – wie habe ich mit einem Tier umzugehen? – zu verankern, auch gesetzlich zu verankern, das war längst überfällig. Das ist mit Augenmaß geschehen.

Es waren bei der Präsentation des Gesetzes Vertreter der Diensthundestaffel der Polizei mit dabei, die das begrüßt haben. Das heißt, es ist Sorge dafür getragen worden, mit Augenmaß vorzugehen, damit alle auch einigermaßen zufrieden sind, aber die Erreichung des Grundzieles, der Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden oder gefährlichen Hundehaltern, gewährleistet ist. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Ich bedanke mich auch als Hundebesitzerin für die Aussage, die gerade getroffen worden ist, möchte jetzt aber noch einmal gerne auf die tierärztliche Versorgung zurückkommen.

Ich persönlich – von meiner Empfindung her – lebe in einem Gebiet, in dem wir sehr gute tierärztliche Versorgung haben. Meine Frage zielt aber darauf ab: Gibt es regionale Unterschiede in der tierärztlichen Versorgung?

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Natürlich gibt es die.

Was ich sehe, ist – ich nenne jetzt mein eigenes Bundesland, Vorarlberg, aber auch Tirol, Salzburg –: In einigen Tälern und entlegenen Gebieten haben wir natürlich Probleme bei der Nachbesetzung von Tierärztestellen.

Das ist unzweifelhaft so, und ich beantworte dazu auch regelmäßig parlamentarische Anfragen, auch nach konkreten Zahlen. Für Detailauskünfte ist aber die Datenlage bisher nicht ausreichend, weil eben Tierärzt:innen ihren Beruf im gesamten Bundesgebiet ausüben können und dazu wirklich keine validen Daten vorliegen. Wir sind jetzt dabei, für die Verbesserung der Datenlage im Hinblick auf die Besetzung der Stellen gemeinsam mit den Ländern, der Tierärztekammer und der Vetmeduni die Grundlagen zu schaffen.

Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur 6. Anfrage, 1956/M-BR/2024.

Ich bitte die Anfragestellerin Elisabeth Grimling um die Verlesung ihrer Anfrage.