13.07

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Herr Bundesrat Obrecht, ich gratuliere natürlich auch zum Vaterwerden Ende des Monats!

Wir bemühen uns wirklich – danke für den Hinweis –, natürlich so schnell wie möglich mit solchen Berichten dran zu sein, weil es natürlich auch nur dann Sinn macht, das hier zu besprechen. Wenn es zu spät dafür ist, macht es nicht viel Sinn. – Danke für diesen Hinweis, wir bemühen uns, das ist auch in unserem Sinne.

Ja, Herr Kollege Obrecht, Frau Kollegin Huber, Fragestunde ist es keine, aber trotzdem versuche ich natürlich, auf die beiden Fragen einzugehen – selbstverständlich.

Ich glaube – war es eine Kollegin im Ausschuss oder ein Kollege im Ausschuss?, er oder sie (Ruf: Sie!) –, sie konnte es nicht wissen, weil – das ist eigentlich meine Antwort – wir als Finanzministerium bei solchen Vorhabensberichten schon immer versuchen, auch die anderen Ministerien und Ressorts einzubeziehen. Wir als Finanzressort haben uns zu diesem Thema KI und Datenschutz neutral verhalten; Bedenken hatte das BMJ. Deswegen werde ich gerne auf das BMJ zugehen und dann die Inhalte, warum es da Bedenken gab, gerne zur Verfügung stellen. (Beifall des Bundesrates Tiefnig.) – Danke (Heiterkeit des Bundesministers), wenigstens einer, der klatscht; danke, Ferdl. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Insgesamt nur zwei, drei Punkte zur Jahresvorschau: Gut ist, glaube ich, dass wir das heute diskutieren, dass es auf der Tagesordnung steht, weil einiges ansteht. Es stimmt nicht ganz, dass sich nur die Überschrift oder das Deckblatt verändert haben, im Gegenteil: Was die Inhalte betrifft, ist vieles anders. Ein paar Dinge kann ich auch gerne ansprechen.

Belgische Ratspräsidentschaft: Die Schwerpunkte sind äußerst ambitioniert. Ich glaube, man bräuchte wirklich mehr Zeit, um im Detail darauf einzugehen, aber ich gehe auf ein paar Punkte ein, die Sie zum Teil angesprochen haben und die, wie ich glaube, auch wichtig sind. Neben dem Kampf gegen den Klimawandel, der natürlich weiterhin eine ganz entscheidende Rolle spielen wird und mit dem Green Deal natürlich entsprechende Unterstützung erhalten hat, glaube ich, geht es jetzt auch darum, ins Detail zu gehen.

Was meine ich damit? – Beispielsweise wissen wir, dass es in Europa unterschiedliche Zugänge zur Taxonomieverordnung gibt: Die einen wollen bei der Taxonomieverordnung die Nuklearenergie dabeihaben, die anderen wollen Gas dabeihaben, wir waren immer gegen beides. Mir geht es aber auch darum, Dinge wirklich zu Ende zu denken. Wir haben deshalb auch offiziell einen Brief dahin gehend geschrieben, ob man nicht überlegen sollte, kritische Rohstoffe, die für die Transformation, für den Ausbau der erneuerbaren Energien gebraucht werden, entsprechend in die Taxonomieverordnung miteinzubeziehen.

Also das klingt jetzt ein bisschen technisch, aber ich glaube, das sind Dinge, die man jetzt in dieser belgischen Präsidentschaft ganz konkret einbringen muss, und wir werden das auch tun. Wir haben einen Brief an die Präsidentschaft geschrieben, der auch von vielen anderen Mitgliedstaaten unterstützt wird – Gott sei Dank werden es immer mehr –, damit man eben Dinge dann auch ganz konkret bis zum Ende durchdenkt – aber danke für diesen Hinweis mit der Transformation.

Das spielt natürlich weiterhin eine wichtige Rolle, wie auch – und das ist schon der Inhalt, der jetzt auch besonders zum Vorschein kommt – die Wettbewerbsfähigkeit: die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union, und darum ist die Finanz- und Wirtschaftspolitik in den nächsten Monaten wichtig – ja, Monaten, halt bis zur Europawahl, dann wird es wahrscheinlich schwierig und für die belgische Präsidentschaft nicht ganz so einfach, weil natürlich ehrlicherweise von hinten ein bisschen Zeit weggenommen wird. Darum ist es bis zur Europawahl auch ganz entscheidend, da etwas Druck zu machen.

Es ist auch entscheidend, dass wir alles werden tun müssen, um diese Wettbewerbsfähigkeit entsprechend zu steigern. Unsere Konkurrenz, die Konkurrenz unserer Wirtschaft sitzt ja nicht in München oder Nordrhein-Westfalen, wenn man ehrlich ist, sondern die sitzt in China und sitzt in den USA, und als Europäische Union darauf mehr einzugehen und die Wettbewerbsfähigkeit entsprechend zu unterstützen, ist, glaube ich, ganz entscheiden.

Zusätzlich müssen wir als Europäische Union auch eine Antwort geben auf die Fragen bezüglich beispielsweise Vorhaben der USA mit dem Inflation Reduction Act. Ist unsere Antwort ein Subventionswettbewerb, den wir führen werden? – Nein, ich hoffe nicht, sondern wir haben andere Hausaufgaben zu machen: den Abbau der Überregulierung beispielsweise, die ein großer Wettbewerbsnachteil ist. Also in dem Zusammenhang für den Standort Europa insgesamt die Rahmenbedingungen zu verbessern, ist wichtig.

Auch die Kapitalmarktunion wurde angesprochen. Das ist natürlich gleichfalls entscheidend, die Vertiefung der Kapitalmarktunion: Das ist einerseits in der Eurogruppe ein wichtiges Thema, aber auch im Ecofin-Rat wird das entsprechend vorangetrieben.

Worum geht es da? – Nur ein paar Sätze dazu, worum es konkret geht: Da geht es um den Abbau von bürokratischen Hürden auf der einen Seite – Hürden und Bürokratie, die es einfach gibt, die leider immer zu sehr aufgeplustert wird, also darum, die abzubauen – und vor allem darum, für kleine und mittlere Unternehmen Möglichkeiten zu schaffen, wie sie wieder zu mehr Liquidität kommen, also um die Bereitstellung von Risikokapital, von Beteiligungskapital über die Grenzen hinweg für kleine und mittlere Unternehmen – das ist Inhalt dieser Kapitalmarktunion –, weil dadurch natürlich das Wirtschaftswachstum auf europäischer Ebene auch entsprechend angeregt wird und auch Arbeitsplätze entsprechend gestützt werden.

Vielleicht nur noch zu ein paar Punkten – und nun komme ich zu Horst zurück, der jetzt leider wieder draußen ist –, weil es natürlich auch um die Vorsorge insgesamt geht (Bundesrätin Schumann: Schon wieder?) und darum, was sich die Menschen in Zukunft leisten können, weswegen ich auch so extrem kämpfe. (Rufe bei der SPÖ: Was heißt schon wieder?) Auf europäischer Ebene ist es natürlich auch ein Thema - - (In Richtung Bundesrätin Schumann:) Wieso schüttelst du schon wieder den Kopf? Ich habe das mit Horst ja positiv gemeint! (Bundesrätin Schumann: Wieder! Wieder draußen ist!) – Das habe ich nicht gesagt, um Gottes willen. (Bundesrätin Schumann: Oh ja!) Er ist jetzt leider draußen. (Bundesrätin Schumann: Ja, wieder draußen!) Um Gottes willen, sei nicht so! Ich mag den Horst ja, ich will ihm um Gottes willen - - (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrätin Schumann: Ja, na schön! Das richten wir ihm aus!)

Aber zurück zum Thema: Vorsorge ist total wichtig, und deswegen kämpfe ich auch auf österreichischer Ebene für dieses Vorsorgedepot, und zwar nicht nur, weil es so toll klingt, sondern weil es darum geht, Vorsorge möglich zu machen, damit man sich eben später etwas leisten kann. Das ist auch auf europäischer Ebene ein Punkt, der übrigens interessanterweise von der Sozialdemokratie eingebracht wird – also von Deutschland, aber auch von anderen Staaten, wie Dänemark, gleichfalls sozialdemokratisch regiert.

Das wird eingebracht, und es wird auch gefordert, dass wir Maßnahmen setzen, wie wir diese dritte Säule, auch die private Vorsorge, steuerlich unterstützen können, insgesamt unterstützen können, weil es nicht um Spekulation geht. In unserem Vorschlag sind es zehn Jahre – es geht um eine Behaltefrist von zehn Jahren! Das ist bei Gott keine Spekulation mehr, sondern es geht eben darum, das Thema Vorsorge vor den Vorhang zu holen – mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass auch der Kapitalmarkt eine entsprechende Unterstützung haben kann und wird. Deswegen geht es um einen längerfristigen Vermögensaufbau, gerade damit man im Alter dann auch wieder mehr zur Verfügung hat.

Vielleicht auch nur ein Punkt zu den Fiskalregeln, die wir in den letzten Monaten verhandelt haben. Das ist eigentlich auch etwas, das neu ist – wo sich also nicht nur das Deckblatt geändert hat, sondern das wirklich auch inhaltlich neu ist – und das jetzt erst durch Beschlussfassung durch das Europäische Parlament abgeschlossen wird. Diese Fiskalregeln sind ganz entscheidend eben für die Wettbewerbsfähigkeit auf der einen Seite, aber auch, wie du (in Richtung Bundesrat Stillebacher) richtig gesagt hast, um sich Spielräume für die Zukunft zu schaffen. Das gilt für uns national, das gilt aber eben auch für die europäische Ebene ganz besonders – nicht weil es so toll klingt, sondern weil wir Spielräume brauchen werden: Es werden wieder Krisen auf uns zukommen, und dann in der Zukunft entsprechende Spielräume zu haben, ist, glaube ich, wichtig.

Jetzt ist diese Ausweichklausel, die wir hatten – weil die Regeln aufgrund der multiplen Krisen, die wir in Europa und auf der ganzer Welt erlebt haben, außer Kraft gesetzt worden waren –, ausgelaufen, und da war für uns zumindest klar, dass wir auch auf europäischer Ebene zu dieser fiskalischen Nachhaltigkeit zurückkehren müssen, und das haben wir Gott sei Dank, glaube ich, ganz gut hingebracht. Es geht um ambitionierte Pfade, um Schuldenabbaupfade auf europäischer Ebene, die wichtig sind, es geht um nachhaltige Budgets, die entsprechend erstellt werden sollen, und es geht um Regeln, die klar, transparent und auch messbar umgesetzt werden. – Diese zentralen Forderungen, die auch wir aufgestellt haben, haben wir also Gott sei Dank durchsetzen können.

Weil der digitale Euro und Bargeld angesprochen worden sind, vielleicht nur drei Sätze dazu – meistens werden es dann eh mehr, aber ich probiere es einmal in drei Sätzen –, vielleicht zum digitalen Euro zuallererst: Also erstens einmal – und das vorweg –: Die Details zum digitalen Euro sind komplett offen. Es wurden einmal von der EZB ein paar Ideen auf technischer Ebene entsprechend ins Spiel gebracht, aber auf politischer Ebene wurde das noch überhaupt nicht diskutiert. Das kritisiere ich eigentlich auch an der Vorgehensweise, weil es mir schon recht wäre, wenn man zuerst einmal politisch diskutieren würde, was der digitale Euro soll, ob er etwas bringt oder nichts bringt, und dann die technische Umsetzung macht – jetzt wurde es umgekehrt gemacht. Das finde ich einen falschen Zugang; das wurde eben auf politischer Eben noch nicht diskutiert.

Drei Dinge sind mir wichtig – du (in Richtung Bundesrat Stillebacher) hast es angesprochen –: Das ist einmal, darzustellen, ob es überhaupt einen Mehrwert eines digitalen Euros gibt. Man kann über alles reden, immer – ich bin da total offen! –, aber einen Mehrwert darzustellen wäre als erster Punkt schon einmal wichtig. Dieser Mehrwert wurde zumindest mir noch nicht entsprechend dargestellt, darum kann ich jetzt inhaltlich auch noch nicht etwas dazu sagen.

Zweitens glaube ich, dass auch wichtig ist, dass das eben nur als Ergänzung und nicht als Ersatz zum Bargeld – aber ich glaube, da sind wir uns eh alle einig – gesehen werden kann.

Drittens ist darüber hinaus wichtig – das wurde noch nicht erwähnt –, dass die Privatsphäre jedes Einzelnen auch weiterhin entsprechend geschützt werden muss. Das sind, glaube ich, eine Grundvoraussetzung und eine Grundbedingung, wenn über so etwas diskutiert wird.

In dem Zusammenhang gibt es klarerweise auch die Bargelddiskussion, auch die Diskussion über die Bargeldobergrenze, die wir natürlich auch auf europäischer Ebene geführt haben. Diese Obergrenze war ein Teil eines Gesamtpakets – es wurde angesprochen: Geldwäschebekämpfung, auch Terrorismusbekämpfung –, und das war Teil des Gesamtpakts eben zur Bekämpfung von Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung.

Wir haben uns bei den Verhandlungen – ohne aus dem Nähkästchen zu plaudern; das ist zwar keine Fragestunde, aber trotzdem – prinzipiell immer gegen diese Obergrenze ausgesprochen und wir konnten zumindest verhindern, dass die Obergrenze deutlich niedriger ausgefallen ist. Also wir reden jetzt von 10 000 Euro als Obergrenze; das Europäische Parlament versucht sie noch ein bisschen runterzubringen. Bei der Zehntausendergrenze haben wir uns dann am Schluss als Kompromiss sozusagen dafür ausgesprochen, eben im Sinne eines Gesamtpakets, weil auch viele Maßnahmen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung, zur Bekämpfung der Geldwäsche drinnen waren. Deswegen haben wir diesem Kompromiss zugestimmt. Wichtig bei dieser Obergrenze ist mir auch zu betonen, dass Geschäfte zwischen Privatpersonen selbstverständlich davon unberührt bleiben, also für die gilt das nicht. Da gibt es oft ein bisschen ein Missverständnis.

Um zur konkreten Frage Amla zurückzukommen: Das war ganz ehrlich gesagt ein interessanter Prozess, es hat ja zum ersten Mal sozusagen eine doppelte Mehrheit gebraucht: die eine auf der Ratsebene und dann auch noch die im Parlament.

Jetzt ist es so gewesen, dass der Rat nur einen Vorschlag für ein Land gemacht hat. Im Parlament hat man darüber diskutiert, und dann hat es halt ein paar Stimmen für das Land gegeben – in dem Fall Wien; natürlich haben auch wir Wien unterstützt –, ein paar für das andere. Ich war selber oben beim Parlamentshearing, von anderen Staaten waren die jeweiligen Bürgermeister dabei, nicht überall die Finanzminister. Bei uns war ich dabei, der Bürgermeister war selbstverständlich eingeladen, und wir haben das gemeinsam – auch mit Peter Hanke – entsprechend vorangetrieben und unterstützt.

Er konnte dann aus terminlichen Gründen leider nicht dabei sein. Es war total spannend, weil es ein öffentliches Hearing im Europäischen Parlament war, bei dem es darum gegangen ist, den Standort und das Angebot darzustellen.

Ich erzähle es deswegen, weil am Ende des Tages unser Angebot – zum Beispiel finanzieller Natur, da wir ja ein Gebäude zur Verfügung gestellt haben, aber auch Erleichterungen wie beispielsweise Klimatickets für die Mitarbeiter:innen und so – ein durchaus attraktives Angebot war. Es wurde auch von allen Abgeordneten aller Fraktionen im Europäischen Parlament als durchaus positiv gesehen – nicht nur weil wir auch noch kleine Packungen Manner-Schnitten verteilt haben. Das war nur ein angenehmer Nebeneffekt. (Heiterkeit des Redners.)

Es wurde also durchaus positiv gesehen. Warum aber haben wir es am Ende des Tages nicht bekommen? – Ganz klare Antwort: weil die Großen gedealt haben. Am Schluss haben die Großen gedealt, am Ende hat es Frankfurt bekommen. Ich glaube, dass unser Angebot ein gutes war. Beim Fußball spielt man 90 Minuten, am Ende gewinnt Deutschland. Das ist ja Gott sei Dank beim Fußball nicht mehr so (Heiterkeit des Redners), aber bei der Amla war es so.

Es ist diskutiert worden, der Rat hat sich aber im Vorfeld schon auf einen Kandidaten geeinigt, das heißt, alle Ratsstimmen sind an Deutschland gegangen, dadurch war im Parlament am Ende des Tages eigentlich auch nichts mehr anderes möglich. – So viel dazu – ein offenes Wort –, warum wir die Amla nicht bekommen haben. Wie gesagt, unser Angebot war, glaube ich, ein Gutes, aber am Ende des Tages haben es sich ein paar Große leider ausgemacht.

Um auf den Vorhabensbericht zurückzukommen: Es geht in der Europäischen Union auch viel um Wettbewerbsfähigkeit. Ich glaube, das steht jetzt zur Diskussion. Wir stehen aber ein bisschen vor der Herausforderung, dass dieses Semester aufgrund der Europawahl relativ kurz ist. Trotzdem versuchen wir gemeinsam mit dem belgischen Vorsitz, gemeinsam mit der Eurogruppe – die Iren haben da mit Paschal Donohoe als Chef der Eurogruppe den Vorsitz – das Thema Kapitalmarkt voranzutreiben, um dadurch auch – und das ist der Hintergrund – die Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen. Wir dürfen in der Konkurrenzsituation mit anderen Regionen auf dieser Welt nicht ins Hintertreffen kommen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

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