14.33

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen vor den Bildschirmen! Gleich vorweg: Auch wir unterstützen natürlich die Schwerpunkte der EU-Kommission und des Triovorsitzes genauso wie die Bundesministerin.

Wie auch schon vorhin betont, müssen wir als Europäische Union gerade heute unsere Einheit unterstreichen und sie auch nach außen tragen. Die Zusammenarbeit in militärischen Angelegenheiten ist für uns aber aufgrund der Neutralität und unserer grundsätzlich pazifistischen Einstellung, würde ich sagen, extrem heikel – und das nicht nur für uns, sondern auch für die EU, denn auch die EU ist ein Friedensprojekt und hat uns als solches auch Wohlstand und Sicherheit gebracht.

Wir wollen natürlich mehr Länder für dieses Friedensprojekt gewinnen, genauso wie sich umgekehrt Länder daran beteiligen wollen – so auch die Ukraine, die ja genau deswegen so gefährlich für das autokratische und militärisch-imperialistische System Putins ist. Daher ist die europaweite und auch unsere Solidarität mit der Ukraine und die Unterstützung für sie ungebrochen.

Wir müssen aber alles daran setzen, dass es endlich zu Verhandlungen kommt, die diesen Krieg beenden können. Es müssen die Diplomat:innen sprechen können, nicht die Waffen, von denen schon viel zu viele, aber gleichzeitig auch viel zu wenige in die Ukraine geliefert wurden. Das ist ein fürchterliches Dilemma, aber es erfordert genauso ein hochsensibles Vorgehen, um diesen Krieg nicht auszuweiten.

Ad Nachrüstung: Wir müssen darauf achten, dass europäische Rüstung nicht in die falschen Hände kommt, was leider schon viel zu oft passiert ist.

Was ich hier aber eigentlich betonen möchte, ist, dass nicht der Krieg unser Denken bestimmen soll, sondern der Frieden. Auch wenn wir den Kriegsgedanken aufgrund der militärischen Expert:innen, die wir tagtäglich im Fernsehen sehen, oder der verschiedenen Waffensysteme, von denen wir in der Zeitung lesen, kaum auskommen, müssen wir – und es wäre gut, wenn das auch medial unterstützt würde – gedanklich immer wieder zum Frieden und zum europäischen Friedensprojekt zurückkehren und auch in unseren Handlungen diesem verpflichtet sein. Wir dürfen nicht mehr dort hinkommen, dass Krieg die Fortsetzung von Politik wird und dass sich das Recht des Stärkeren gegen die internationale Ordnung und das Völkerrecht durchsetzt.

Als neutraler Staat können und müssen wir den Fokus darauf legen, den Dialog zu fordern, zu deeskalieren und Konfliktlösung und vor allem Konfliktprävention vorantreiben. Der Vorteil der militärischen Neutralität liegt ja gerade darin, als neutraler Ort und als Politiker:innen und Diplomat:innen eines neutrales Staates dem Frieden zu dienen – nicht umsonst ist Wien Amtssitz vieler internationaler Organisationen.

Es ist zudem auch unsere Pflicht, auf globale Verantwortungsübernahme und Gerechtigkeit zu pochen – auch hier bei uns –, denn all diese weltweiten Ungleichgewichte und Schieflagen sind eine Frage von Frieden und Sicherheit, denn sie haben das Potenzial, böses Blut zu schüren und Konflikte zu entfachen. Nationalistische Vogel-Strauß-Politik, wie sie von so manch österreichischer Partei betrieben wird, bewirkt da genau das Gegenteil von Frieden, denn in einer hochvernetzten Welt, in der man voneinander abhängig ist, ist jede Erzählung von Abschottung schlichtweg eine den Intellekt vernebelnde Märchenerzählung.

Wir alle hier im Raum tragen Kleidung, bedienen Geräte oder essen Dinge, die aus der Welt – aus der ganzen Welt – kommen. Vieles davon ist leider ausbeuterisch hergestellt worden und/oder zerstört die Umwelt und die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern. Wenn wir eine friedliche Welt wollen, müssen wir diese Abhängigkeiten und Ausbeutungssysteme im Blick haben und für mehr Gerechtigkeit sorgen. Dazu passt auch, dass wir mehr Geld für Entwicklungszusammenarbeit brauchen. Genauso bedarf es neuer Zugänge in der regelbasierten internationalen Ordnung. Die Welt kennt – ich habe es auch vorhin schon gesagt – viele Machtzentren und allzu rasche Veränderungen in diesen, die die internationale Sicherheitspolitik erodieren lassen. Daher ist es auch genauso wichtig, das internationale Verhandlungsparkett nie zu verlassen und mit allen Nationen auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln. Österreich bekennt sich zu diesem Multilateralismus, und das ist auch enorm wichtig.

Auch die Vereinten Nationen sind ein Friedensprojekt, das nach dem Horror zweier Weltkriege gegründet wurde. Mit seiner Teilnahme an friedenserhaltenden Operationen der UN leistet Österreich einen wesentlichen und sichtbaren Beitrag zu Frieden und internationaler Sicherheit. Sie, Frau Ministerin, betonen das auch immer wieder. Wir haben zum Beispiel mehr als 100 000 österreichische Soldatinnen und Soldaten und zivile Helferinnen und Helfer zu über hundert friedensunterstützenden und humanitären Missionen geschickt. Auch positiv zu bemerken ist, dass Österreich Verhandlungen über ein UN-Abkommen zur Regulierung autonomer Waffensysteme initiiert hat und Ende April eine internationale Konferenz dazu in Wien ausrichtet. Dabei geht es darum, dass KI-unterstützte Waffensysteme nicht algorithmusgesteuert über Leben und Tod entscheiden sollen, sondern es immer einer Entscheidung von Menschen bedarf.

Frieden ist weit mehr als die Abwesenheit von Krieg, und es braucht eine aktive Friedenspolitik, die ihn erhält und wiederherstellt. Friedenspolitik braucht auch das Wissen um Zusammenhänge, um das Zusammenspiel von Rechtsstaatlichkeit, Demokratiebewusstsein, sozialer Sicherheit, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Menschenrechten sowie einer intakten Umwelt. Genau deswegen ist es auch wichtig, Demokratisierungsbewegungen weltweit zu stärken, genauso wie Unrecht zu benennen, auch hier im Parlament, wo wir – oder zumindest manche von uns – tagtäglich die Menschenrechte verteidigen, vom Iran bis Rojava.

Ich freue mich besonders, dass die iranische Journalistin Elaheh Mohammadi, die zu Unrecht vom iranischen Regime inhaftiert wurde, bloß weil sie über den Tod und die Beerdigung von Jina Mahsa Amini berichtet hat, nun freigelassen wurde.

Ich und andere Abgeordnete hatten eine Patenschaft für sie übernommen.

Wie wir gestern hörten, werden aber mehr Menschen der Protestbewegung Frauen! Leben! Freiheit! als je zuvor als politische Häftlinge umgebracht. Daher braucht es auch weiter unsere Unterstützung für sie.

Um Frieden nachhaltig abzusichern, müssen auch Frauen in allen Phasen von Friedens- und Versöhnungsprozessen aktiv mit einbezogen werden. Dazu haben wir uns mit der Unterzeichnung der UN-Resolution 1325, No Women – No Peace, ja auch verpflichtet. Wir habe eine weibliche Verteidigungsministerin. Auch das ist ein guter Punkt.

Frauen sind aber auch in besonderem Maße von Kriegen betroffen, zum Beispiel durch Vergewaltigungen, die leider als Kriegswaffe eingesetzt werden. Auch dafür braucht es Konzepte für ihren Schutz und für ihre Unterstützung danach, wenn wir daran denken, dass daraus Krankheiten, Schwangerschaften, aber auch Diskriminierung entstehen. Eine Zusammenarbeit mit zivilen Organisationen ist auch da immer ein Gewinn.

Wir haben nach deutschem Vorbild aber auch den sogenannten zivilen Friedensdienst eingeführt, der mit Partnerorganisationen in Krisengebieten nachhaltige Friedensprozesse und Menschenrechtsschutz fördert, der gerade im Ausrollen ist.

Des Weiteren wurde eine Mediationsfazilität im Außenministerium eingerichtet, die mit stiller Diplomatie und zivilgesellschaftlichen Organisationen vor Ort zusammenarbeitet.

Auch die Überarbeitung der österreichischen Sicherheitsstrategie, die bald vorgelegt wird, ist ein wichtiger Punkt. Auch da wird es um Konfliktprävention und das Zusammendenken von Umwelt, sozialer Gerechtigkeit, Bildung und Demokratie, aber eben auch von Sicherheits- und Außenpolitik gehen.

Schließen möchte ich daher mit dem Appell, dass Österreich weiterhin eine aktive Friedenspolitik betreiben und vor allem in den Frieden investieren soll. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.42

Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Klaudia Tanner. – Bitte.