16.41

Bundesrat Dr. Manfred Mertel (SPÖ, Kärnten): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Ich darf mich zunächst einmal recht herzlich für die ausführliche Beantwortung bedanken, darf Ihnen als Vertreter der älteren Generation aber gleichzeitig mitteilen, dass in den letzten Tagen eine Welle der Empörung auf mich zugekommen ist, und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als man die Gagen der ORF-Führungskräfte beziehungsweise -Entertainer kundgemacht hat.

Gerade die ältere Generation hat sich sehr verunsichert gefühlt, und ich habe das dann zum Anlass genommen, einmal nachzuschauen, wie viel an Pension man in Kärnten durchschnittlich erhält. Da ist mir aufgefallen, dass die der Frauen in den letzten Jahren beziehungsweise im letzten Jahr bei durchschnittlich 1 200 Euro lagen und jene der Männer bei 1 900 Euro. Das ist an und für sich vielleicht keine Motivation, direkt in Pension gehen zu wollen beziehungsweise sich auf diese zu freuen, denn wenn man den Vergleich anstellt, hinsichtlich dessen, was in der letzten Zeit an Teuerung auf uns zugekommen ist, darf ich Ihnen als Vertreter der älteren Generation schon sagen, dass sich die Leute sehr, sehr schwertun.

Das betrifft unter anderem die Kosten bei den Lebensmitteln. Kollegin Schumann hat das richtigerweise erkannt: Wir alle wollen ja die Pension gesund erleben, weil wir dadurch im Endeffekt auch die Pflegebedürftigkeit hintanhalten, und die Lebensmittelkosten, insbesondere für eine gesunde Ernährung, sind schon extrem gestiegen. Es geht eigentlich nicht nur darum, dass man sich ernährt, sondern vor allem auch darum, dass man sich gesund ernährt. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht, denke ich, aber auch darum, dass die Energiekosten extrem gestiegen sind. Kollege Bernard – er ist jetzt, glaube ich, nicht im Saal – hat heute gesagt, dass sich die Leute auch keine angemessene Wohnungswärme mehr leisten können. Das ist auch ein großes Problem, das eigentlich die ältere Generation betrifft, und bei all ihren Sparmaßnahmen schaffen sie es noch, die Kommunikation untereinander zu fördern, indem sie über diese Probleme sprechen.

Ich glaube, es ist ein wichtiger Ansatz, dass wir die Energie- und die Lebensmittelkosten, aber auch die Kosten im Gesundheitswesen näher beleuchten. Ich darf Ihnen vielleicht mitteilen, dass die ältere Generation heute größte Schwierigkeiten hat, sich einen Zahnersatz oder eine Brille, einen Ersatz für eine Brille zu leisten, und das sind eigentlich Dinge, die wir in einem sozial freundlichen Österreich nicht haben wollten. Ich glaube, wir müssen auch darüber reden, dass die ältere Generation Wertschätzung erhalten muss (Beifall bei der SPÖ) – Wertschätzung, die wir von unseren Eltern mitgegeben bekommen haben und die wir auch an die Jugend weitergeben wollen.

Sie haben das treffend gesagt, dass Sie heuer das 65. Lebensjahr erfüllt haben oder es erfüllen werden. Ich darf Ihnen nur sagen, ich habe bis zu einem Alter von 65 Jahren und vier Monaten gearbeitet und habe eigentlich nur auf den Bescheid gewartet, darauf, dass mir jemand sagt, ich darf nicht mehr in die Arbeit gehen. Ich darf Ihnen aber auch berichten, dass es richtig war, dass ich mit 65 und vier Monaten nicht mehr zur Arbeit gegangen bin, weil ich – wenn ich hier in die Mitte schaue – einfach glaube, dass es junge Menschen geben muss, die mit neuer Innovationskraft, mit neuer Kreativität unser Gesellschaftsleben prägen und letztendlich auch in Führungspositionen der Gesellschaft wichtige Dienste leisten. Deshalb – auch wenn Sie jetzt klargestellt haben, dass es keine Diskussion in die Richtung gibt, nach 65 noch weiter arbeiten zu müssen – glaube ich, dass es ein richtiger und vernünftiger Schritt der Politik wäre, das ja nicht fortsetzen zu wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich als älterer Mensch glaube aber dennoch, dass wir, wenn wir von dieser Wertschätzung ausgehen, auch immer das Gute und das Gerechte in den Mittelpunkt stellen sollen.

Das Gute ist, das haben Sie sehr deutlich gesagt – und damit war ich sehr einverstanden –, als Sie gesagt haben, dass an dem österreichischen Pensionssystem, dem staatlichen Pensionssystem nicht gerüttelt werden darf. Es ist, glaube ich, ein Grundstein unseres Zusammenlebens, dass wir dementsprechend den Respekt und die Wertschätzung gegenüber der älteren Generation ausleben können.

Wo ich aber nicht mit Ihnen einverstanden sein kann – ich hoffe, dass Sie vielleicht auch gar nicht der Betroffene waren –, ist Folgendes: Ich habe einmal in einer Debatte im Dezember ausgeführt, dass ich am 20. Dezember bei meinem Fenster hinausgeschaut habe und bemerkt habe, dass bei der Errichtung eines Wohnbauprojektes 15 Männer – Frauen habe ich keine gesehen – bei Sturm und Schneefall extrem hart an diesem Wohnbauprojekt arbeiten.

Da habe ich mir gedacht – und das möchte ich jetzt wiederholen –: Gerade für diese Männer haben wir keine Wertschätzung, denn die Hacklerregelung für Menschen, die bei solchen Bedingungen arbeiten müssen, haben wir eiskalt abgeschafft, und wir finden es nicht einmal der Mühe wert, darüber nachzudenken, dass es vielleicht einen Klimawandel gibt, durch den es für Bauarbeiter eine große Herausforderung ist, bei extremsten Temperaturen – sowohl was Minusgrade anlangt als auch Plusgrade – für unser Wohlbefinden arbeiten zu müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aus diesem Grund glaube ich auch, dass wir Modelle schaffen sollten, mit denen wir die ältere Generation durch Anerkennung und Respekt motivieren können, vielleicht noch am Erwerbsleben in einem Alter jenseits von 65 teilnehmen zu wollen oder teilnehmen zu können. Wir müssen da Modelle finden, durch die im Endeffekt die Sinnhaftigkeit gegeben ist, der übrigen Gesellschaft noch wertvolle Dienste zu leisten – aber die Entlohnung dieser wertvollen Dienste müsste auch mit einer dementsprechenden finanziellen Anerkennung erfolgen.

Deshalb verstehe ich eigentlich nicht, dass wir die Aliquotierungen bei der Pensionsanpassung so mir nichts dir nichts durchgehen lassen, denn wenn wir auf der einen Seite sagen, dass wir eigentlich wollen, dass Menschen länger im Berufsleben bleiben, dass sie auch dafür belohnt werden, im Berufsleben zu bleiben, so erscheint mir auf der anderen Seite gerade diese Aliquotierung der Pensionsanpassung eigentlich gegen den Willen der Regierung, dass man eigentlich länger arbeiten sollte oder auch am faktischen Pensionsalter arbeiten sollte, zu sein.

Ich glaube, das sind Ungerechtigkeiten, die man doch aufzuzeigen hat, über die man auch zu reden hat. Gleichzeitig hat Kollegin Schumann richtigerweise gesagt, dass wir auch die Beschäftigung brauchen – wir brauchen auch die Beschäftigung! Ich darf Ihnen versichern, dass die ältere Generation immer dazu beitragen wird, einer jungen Generation Mut zu machen, Hoffnung zu geben und auch Beistand zu leisten. Das waren wir gewohnt, und ich darf berichten, Herr Bundesminister, dass man auch schon zu meiner Zeit gesagt hat: Du wirst wahrscheinlich nie eine Pension bekommen! Doch das staatliche Pensionssystem hat sich sehr, sehr gut bewährt. Darauf können wir alle gemeinsam stolz sein, das heißt aber trotzdem nicht, dass wir nicht Korrekturen vornehmen müssen.

Auch wenn der Verfassungsgerichtshof in seinem jüngsten Erkenntnis zur Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung diese als nicht verfassungswidrig festgehalten hat, möchte ich trotzdem im Namen der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Mertel und Schachner einen Entschließungsantrag einbringen.

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“.

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung rückwirkend mit 1.1.2022 abgeschafft wird.“

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(Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang möchte ich Herrn Kollegen Schreuder, den ich wirklich sehr schätze, ansprechen. Ich glaube, die Ungerechtigkeiten, die wir im Pensionssystem mit Blick auf Frauen haben, sind – wie du es einmal formuliert hast – Männersache. Wir sollten dafür kämpfen, dass Frauen und Männer gleiche Pensionen bekommen, denn die Arbeit der Frauen ist eine unbezahlbare, möchte ich sagen, und sie verdienen es genauso, wie die ältere Generation insgesamt, mit Respekt behandelt zu werden.– In diesem Sinne, Herr Bundesminister, danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.51

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Eder-Gitschthaler. Ich erteile ihr das Wort.