23.26

Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen und Zuschauer via Livestream! Die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Justiz, die auf Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2024 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvorsitzes erstellt wurde, befasst sich mit drei Themenblöcken – wir haben es bereits gehört –: Strafrecht, Zivilrecht und Datenschutz. Es geht vor allem um weitere Vorhaben im Rahmen der Umsetzung der sechs übergreifenden Ziele der EU-Kommission.

Im vorliegenden Bericht sind meiner Meinung nach sehr wichtige Vorhaben enthalten, und ich kann daher auch nicht verstehen, warum die FPÖ diesen Bericht nicht zur Kenntnis nehmen möchte.

Ich möchte kurz auf ein paar Punkte eingehen. Besonders hervorzuheben ist aus meiner Sicht die EU-weite Zusammenarbeit der Justiz bei Strafsachen sowie Zivil- und Handelssachen. Die Digitalisierung der Justiz ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Vorhaben, das darauf abzielt, den Zugang zur Justiz zu erleichtern und die Effizienz der Justizsysteme zu steigern.

Besondere Priorität hat laut dem vorliegenden Bericht die Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Diese Richtlinie zielt darauf ab, Mindeststandards im EU-Recht zu verankern und ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzungen.

Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt sind leider in der gesamten EU weiterhin weit verbreitet. Österreich unterstützt in diesem Zusammenhang auch die Einführung von vier neuen Straftatbeständen, nämlich sexuelle Nötigung, intersexuelle Genitalverstümmelung, Zwangssterilisation und Zwangsheirat. Verbesserung bei diesem wichtigen Thema und auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Justiz wirken sich direkt auf die Gleichstellung von Frauen und Mädchen aus.

Weiters soll auch die Opferschutzrichtlinie geändert beziehungsweise angepasst werden. So soll sichergestellt werden, dass Opfer von Straftaten überall in der EU die Hilfe und den Schutz erhalten, den sie benötigen.

Weiters soll die Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie überarbeitet werden. Das ist auch ein sehr wichtiger Punkt.

Es sollen außerdem weitere Anstrengungen zur wirksamen Bekämpfung von schwerer, grenzüberschreitender, organisierter Kriminalität, Terrorismus, gewaltorientiertem Extremismus und Waffenschmuggel unternommen werden.

Auch im Bereich der Hasskriminalität und Hassrede – wir haben es bereits gehört – soll die Liste der Straftaten erweitert werden. Hetze und Hasskriminalität haben leider in ganz Europa sowohl offline als auch online zugenommen, und es ist daher wichtig, mit Maßnahmen entgegenzuwirken.

Kollege Spanring von der FPÖ, ich möchte noch etwas zu deinen Ausführungen sagen.

Es geht hier nicht darum, Leute mundtot zu machen oder Kritik nicht mehr zuzulassen. Es geht um die Art und Weise, wie jemand seine Meinung zum Ausdruck bringt und da hat Hass keinen Platz. (Bundesrat Spanring: Das habt ihr schon gemacht! Habt ihr auch schon gemacht! Dafür gibt es das Strafrecht! Das ist alles eine billige Ausrede!) – Man kann seine Meinung auch wertschätzend zum Ausdruck bringen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Hass vergiftet das Leben, sagt man, und wir wollen doch nicht eine vergiftete Gesellschaft zulassen, Herr Kollege Spanring! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zusätzlich zu den bereits erwähnten Vorschlägen gibt es noch weitere Vorhaben im Justizbereich wie die Verbesserung des EU-Rechtsrahmens im Bereich der Bekämpfung von Schlepperkriminalität und der Umweltkriminalität. Nach Angaben von Interpol und des Umweltprogrammes der Vereinten Nationen steht Umweltkriminalität nach dem Drogenhandel, dem Menschenhandel und Fälschung weltweit bereits an vierter Stelle. Umweltkriminalität nimmt jährlich um 5 bis 7 Prozent zu.

Menschenhandel ist wie gerade erwähnt das zweitgrößte Problem weltweit. Ein weiteres wichtiges Vorhaben ist daher auch auf europäischer Ebene die Revision der Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels mit speziellem Fokus auf Kinderhandel. Ich finde, dieses Thema ist eine der schrecklichsten Realitäten unserer Welt. Der Menschenhandel, insbesondere der Handel mit unschuldigen Kindern, ist eine Tragödie, die sich überall auf der Welt – leider auch bei uns in Europa – abspielt. (Ruf bei der FPÖ: Ja, warum wohl?)

Ich habe das beispielsweise erfahren können oder auch erfahren müssen, als ich als Bundesratspräsidentin in Polen an der Grenze zur Ukraine war. Da waren sehr viele ukrainische Flüchtlingslager und man hat uns von so vielen Kindern berichtet, die verschwunden sind, Frauen, die verschwunden sind – nicht mehr auffindbar –, Menschen, die man verschleppt hat. Irgendwo landen Sie dann wieder oder auch nicht mehr, man weiß es nicht. Das ist aber bei uns, das ist mitten in Europa.

Kinderhandel ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es raubt Kindern ihre Unschuld, ihre Kindheit und ihre Zukunft. Es zerreißt Familien, zerstört Träume und hinterlässt tiefe Narben in den Herzen und Seelen der Opfer. Kinder sind die Zukunft unserer Welt. Sie verdienen es, beschützt, geliebt und gefördert zu werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass ihre unschuldigen Seelen von der Gier und Grausamkeit – anders kann ich es nicht nennen – einiger weniger zerstört werden. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

Es ist daher sehr wichtig, dass europaweit gegen den Menschenhandel, vor allem auch gegen den Kinderhandel, weitere Maßnahmen erlassen werden.

Abschließend möchte ich betonen, dass sich Österreich für eine starke und effektive Zusammenarbeit auf europäischer Ebene einsetzt. Es ist wichtig, dass sich Österreich einbringt und sich dafür einsetzt, die Rechtsstaatlichkeit, die Demokratie und die Grundrechte in der Europäischen Union zu stärken. Ich bitte Sie daher, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

23.33

Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Grossmann. Ich erteile ihr dieses.